Succow, Knapp, Jeschke : Die Krise als Chance : Naturschutz in neuer Dimension

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| 2002 | | Geb/SU, F:24x22 cm; 256 S, 120 Farbfotos. | WG: Buch | Aus dem Vorwort: Als wir 1989/90 mit einer Schar von Freunden und Mitstreitern das »Nationalparkprogramm der DDR als Baustein für ein europäisches Haus« entwarfen und in die Praxis umzusetzen versuchten, wurden wir - und das sei hier ausdrücklich in Erinnerung gerufen - von einem breiten Konsens der Bürgerbewegung in der DDR getragen. Wir erfuhren auch enthusiastischen Zuspruch und rasche, pragmatische und unbürokratische Hilfe durch weitsichtige Politiker wie den damaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer, durch Fachkollegen und insbesondere durch Naturschutzverbände aus dem Westen Deutschlands. World Wide Fund for Nature (WWF), Föderation der Natur- und Nationalparke Europas (FNNPE), der Verein der Freunde des ersten deutschen Nationalparks Bayerischer Wald, die Stiftung Europäisches Naturerbe, der Deutsche Bund für Vogelschutz (heute Naturschutzbund Deutschland NABU), BUND, Deutscher Naturschutzring (DNR) ... unterstützten auf unterschiedliche Weise, doch in hohem Einvernehmen unser Programm zur Schaffung großer Schutzgebiete und zur Ökologisierung der Landnutzung. Wir erfuhren aber auch die Resignation von Kollegen, die in jahrelangem vergeblichem Bemühen um Naturschutz frustriert waren und unser Vorhaben für aussichtslos hielten. Mit der Erfahrungslast bundesdeutschen Verwaltungsalltags hätten wir selbst wohl auch zu dieser Ansicht kommen müssen. Doch davon noch frei, konnten wir das realitätsfern erscheinende Unterfangen dank einer Reihe glücklicher Umstände schließlich doch verwirklichen. Inzwischen sind über zehn Jahre vergangen. Die »Jahrhundertwende« gibt Anlass, Rückschau zu halten. Die Bilanz des 20. Jahrhunderts ist sehr widersprüchlich: Atemberaubenden wissenschaftlichen Entdeckungen und technischen Leistungen stehen verheerende Kriege, hemmungslose Ausbeutung der Naturreichtümer unserer Erde und Zerstörung von traditionellen Kulturen gegenüber. Unter dem Strich eine traurige und düstere Bilanz. Aber es gibt auch Zeichen der Hoffnung. Das UNESCO-Programm »Mensch und Biosphäre« formulierte Mitte der siebziger Jahre das Konzept der Biosphärenreservate als Modell für nachhaltige Entwicklung. Mit der Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro wurde die Notwendigkeit des Schutzes der biologischen Vielfalt und nachhaltiger Entwicklung weltweit erkannt und mit mehreren internationalen Übereinkommen wurden völkerrechtliche Rahmenbedingungen für eine »Wende zur Nachhaltigkeit« geschaffen. Einrichtung und Entwicklung der Großschutzgebiete im Osten Deutschlands sind als ein Beitrag zu diesem globalen Prozess einer dauerhaft umweltgerechten Entwicklung zu verstehen. Mit diesem Buch wollen wir Wege zu einem zeitgemäßen, sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellenden Naturschutz, einem »Naturschutz in neuer Dimension« aufzeigen. Einführend wird der dramatische Zustand unserer Erde schlaglichtartig beleuchtet. Das erste Kapitel ruft die »Wendezeit« 1989/90 und das sich entfaltende Nationalparkprogramm in Erinnerung, während mit dem zweiten Kapitel eine kritische Bilanz über die Entwicklung der Großschutzgebiete und des Naturschutzes in den vergangenen 10 Jahren folgt. Um die gegenwärtige Situation der Landnutzung in ihren ökologischen und sozialen Konsequenzen zu verstehen, war es unumgänglich, dass wir uns in einem weiteren Kapitel mit der mitteleuropäischen Kulturlandschaftsgeschichte auseinandersetzen. Wir haben versucht, die Kulturlandschaft als Lebensraum des Menschen und ihre Gefährdung durch die agrarindustrielle Landnutzung zu skizzieren. Uns wurde dabei bewusst, dass diese Krise der Landnutzung gleichzeitig Chancen für Neuorientierung bietet. Das vierte Kapitel soll Mut zur Wildnis machen. Wir halten ein Plädoyer für Naturentwicklungsgebiete und postulieren »Urwälder von morgen«. Es ist unabdingbar, die noch verbliebenen Naturlandschaften unserer Erde vor dem zerstörerischen Zugriff der urban-industriellen Zivilisation zu bewahren und auch in Deutschland der Eigendynamik der Natur mehr Raum zu geben. Große Teile einst genutzter, zum Teil »vernutzter« Landschaften bedürfen einer Neubestimmung. Grenzertragsstandorte, entwässerte Moorniederungen, überflüssig gewordene Truppenübungsplätze und »Bergbaufolgelandschaften« bieten Chancen für ungeahnte Naturentwicklung, wenn wir sie denn zulassen. Bewusster Verzicht auf Nutzung ist die Einsicht, die wir fordern. Im letzten Kapitel wird ausgehend vom spezifischen Beitrag Deutschlands zur Sicherung der globalen biologischen Vielfalt die Entwicklung von Nationalparken zur weltweit erfolgreichsten Schutzgebietskategorie skizziert. Mit einem Ausblick nach Osteuropa, Nord- und Zentralasien machen wir schließlich auf bemerkenswerte und beispielgebende Bemühungen von Naturschützern und Regierungen in Ländern des einstigen sowjetischen Machtbereiches zum Schutz des reichen Naturerbes aufmerksam. Wir berichten von Programmen und deren Umsetzungen, an denen die Autoren in selbst gewählter Aufgabe mitwirken konnten. Einige dieser Länder im (sogenannten) Transformationsprozess sind dabei, bis zu 30 % ihres Territoriums als »Geschenk an die Erde« unter Schutz zu stellen, bewusst auf Nutzung zu verzichten! Die einzelnen Kapitel sind in der Regel zwar von Einzelautoren geschrieben, doch sie geben unter uns diskutierte gemeinsame Ansichten wieder, die in jahrzehntelanger Auseinandersetzung mit der Thematik gereift sind. Im Text wird auf direkte Literaturhinweise weitgehend verzichtet. Stattdessen schließt jedes Kapitel mit einer auf den Text bezogenen Auswahl von uns wichtig erscheinenden Literaturquellen bzw. von weiterführender Literatur. Anfang der achtziger Jahre erarbeiteten wir unter dem Dach der Gesellschaft für Natur und Umwelt im Kulturbund der DDR die Schrift »Gefährdete Pflanzengesellschaften auf dem Territorium der DDR«, die schließlich 1986 in bescheidener Aufmachung und geringer Auflage erscheinen durfte. Diese Schrift war ein wichtiger Schritt, die gesellschaftliche Relevanz von Naturschutz in die Diskussion zu bringen. Wir betrachten es als glückliche Fügung, dass wir 15 Jahre später, nun unter ganz anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen erneut ein Bekenntnis publizieren können, unsere Sichten, Erfahrungen und Hoffnungen zusammenfassend. Dieses Buch soll ein erster Band einer Reihe von zunehmend international ausgerichteten Buchtiteln sein, die sich die Michael Succow Stiftung zum Schutz der Natur vorgenommen hat. Diese Publikationen sollen helfen, die Leitgedanken der Stiftung »Erhalten und Haushalten« einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Angesichts der globalen Dimension der Krise der Zivilisation schließen wir mit einer eindringlichen Aufforderung zur Versöhnung mit der geschundenen Erde, der misshandelten Natur. Wir möchten an dieser Stelle und mit diesem Buch allen Freunden, Kollegen und Mitstreitern, die unter oft schwierigen Bedingungen für den Schutz der Natur kämpften und noch kämpfen, persönlichen Dank sagen für ihren Einsatz, aber auch für gemeinsames Erleben großartiger Landschaften, für Anregungen, Hilfe und weiterführende Diskussionen. Wir möchten zugleich Mut machen, die Herausforderungen des »Naturschutzes in neuer Dimension« aufzugreifen und weiter mit Engagement und Zuversicht für die Bewahrung einer lebensfähigen und lebenswerten Biosphäre zu arbeiten. | | [D] | Mit dem Kauf dieses Buches unterstützen Sie die Arbeit der Michael Succow Stiftung zum Schutz der Natur. |
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